Tuesday, July 25, 2006

Boston-Tagebuch oder "Fragen an Richard" 12. - 14. juli 2006

12.7.

zweiter tag: metropolitan museum, central park, ohne stress,
times square bei nacht

jedoch. wir gehen getrennte wege. einsamer wolf plant metropolitan museum of art im alleingang. rotkäppchen und ihre mama wollen vom times square zur 5th, weil es dort designerläden gibt, in denen sie nichts einkaufen wollen.
ich wolf bleibe bereits am historischen museum stecken, weil es dort geniale schauräume zur astronomie gibt und dazu ein planetarium mit der show cosmic collisions. ich sehe die günstige gelegenheit und buche 3 mal für 16.30.
ich rase durch die wirklich gewaltigen schauräume, dimensionen wechselnd, vulkane auf ozeane folgend, einen blauwal untertauchend, die amerikanische tierwelt passierend, über packeis rutschend, angeknabbert vom cookie cutter shark, south manhattan beargwöhnt, wie die ersten besetzer mit indianern verhandeln.

danach will ich den schulklassenverseuchten centralpark geradest queren, um auf der eastside ins met einzusteigen.
daraus wird nichts, weil ich völlig die orientierung verliere und im kreis laufe. beim nächsten anlauf versuche ich einer straße zu folgen, die ich bald wieder verliere. nicht dass der park mir nicht gefallen würde, ganz im gegenteil, möchte ich ihn dennoch auf wunsch verlassen können, zumal es schon spät ist und leicht zu regnen beginnt. hilflos peile ich mit dem stadtplan herum, versuche die richtung zu finden und verliere etwas den mut. fragen möchte ich nicht. wär feig. also erst mal in die wiese legen und chillen. leider riecht es fast überall nach pisse. am ende wird meine querung eine großzügig geschwungene diagonale zur ecke 5th mit south end. das habe ich auch erwartet, allerdings nicht ursprünglich angestrebt.
wir treffen uns schließlich am museum. die beiden sind nicht so glücklich, weil sie nicht das fanden, was geplant war und meine spontane einladung ins planetarium macht sie auch nicht glücklicher. dennoch machen wir uns auf den weg zurück durch den park. ich halte mich an die orientierung der damen und plötzlich geht es sehr einfach. d.h. es ginge einfach, wären da nicht der plötzliche heftige regen und das gewitter, die uns in einem lusthaus festnageln mit einer schnell zunehmenden zahl von wetterflüchtigen. es ist ruhig und gemütlich. man liest zeitung und zuckt nur ein wenig, wenn in der nähe ein blitz einschlägt. doch wir haben einen termin und als der regen nachlässt, machen wir uns auf den weg.
barfuß hopsen wir durch die pfützen und singen hey oh – listen what i say oh, wie die zwerge aus dem bergwerk.
die cosmic collisions mit der stimme von robert redford aufgefettet, findet franzi cool, danach hasten wir noch durch die schauräume, verfolgt vom schließwütigen personal.
und vorm museum, bricht der himmel auf und wir erleben, wie ein baum gegen einen richtigen platzregen null schutz gibt. innerhalb sekunden sind wir klatschnass und finden das unfair. es gelingt mit etwas spät, meinen regenponcho zu entfalten, und so bleibe auch ich keineswegs ungeschoren. das alles hebt unsere stimmung gewaltig und nun sind wir getaufte new yorker, denn das ist man, wenn man ungeschützt dem regen ausgesetzt ist.
nach dem abendessen gehen wir noch mal zu fuß zum times square, um ihn im dunkeln zu sehen, shoppen noch mal kräftig und genießen beste stunden unseres lebens.
der rückweg zur nächsten metrostation verzögert sich, weil franzi noch ein schwarzes n.y. shirt sucht. wir kaufen noch getränke und als wir den laden verlassen, bricht das nächste unwetter über die stadt herein. blitze fahren um die türme, es kracht wie im gebirge und wir haben den besten platz unter einer markise nur etwa 100 meter von der metrostation entfernt. dieses gewitter genießen wir noch mehr, denn erstens ist es ein unwetter nicht irgendwo, sondern … eben! und zweitens spielen sich vor unseren augen erschütternde szenen ab von einknickenden regenschirmen, umgedrehten, komplett funktionslosen regenschirmen, bis zu menschen die vergeblich ein taxi winken. leute, die mit dem taxi am hotel ankommen, aber noch 20 meter rennen müssen und dabei klatschnass werden. dosen und plastiktüten fetzen von wind und wasser beschleunigt durch die straßen, dazwischen fahradrikschas, deren fahrer unbeeindruckt nach kunden klingeln. unbeeindruckt auch die fetten lincolns, mercedes, geländekisten, stretch-limousinen und yellow cabs, scheibenwischer am limit. kurzum größter spassfaktor, minimale kosten. und das nicht irgendwo!

13.7.

back to fucking cambridge

wir haben das klo vom grayhound-bus wieder mal überlebt und sind zurück in boston, wo es sich auf der autobahn staut, weil ein stück von der decke heruntergebrochen war und eine frau erschlagen hat. wir werden von gewalt verfolgt in diesem land.
boston ist so sauber und aufgeräumt im vergleich zu new york, welches das chaos ist, der schlappe versuch so eine menschenwohn- und geldmachmaschine unter kontrolle zu halten.
gerade hat jutta aus dem fenster gesehen, weil da ein flugzeug zu hören war, das genau auf unser hotelzimmer losrast. es stellte sich heraus, dass es sich einfach nur um „low cool“ handelte.
wir hängen jetzt wieder permanent am internet-tropf und haben wieder all die kontakte wiederaufgenommen, die uns vor new york so unterhalten haben.

14.7.

geplant: jfk lib und prudential tower

bin zurück vom freshpond clockwise. es war mühsam, weil müde und lahm, aber dennoch gut, denn nach dem aufstehen war ich noch kaputter. ich bedaure immer noch, in new york keine laufschuhe mitgehabt zu haben, die stadt nicht berannt, den central nicht berannt, den hudson entlang nach south manhattan nicht gerannt (mit der 1 zurück)

gedanken beim laufen:
ich habe methoden entwickelt, trotz meiner beschränkten ausgangssituation ein normales leben zu leben und das beinhaltet auch eine gewisse integration.
richard leistet ähnliches. er war der ausgangspunkt meiner überlegung. er ist nicht der hüter von freshpond, er ist fresh pond, seine identität ist mit dem park vor 2 jahren verschmolzen durch eine digitale wurzelvernetzung über einen m.i.t. rechner mit quantenfurunkeln auf der festplatte, ein biohirn, prototyp. die erscheinung, genannt richard, ist ein avatar des parks.
und damit hat richard alle mängel menschlicher persönlichkeit hinter sich gelassen. ausgestattet mit all seinen erinnerungen lebt er nunmehr den rhytmus des parks völlig unaufgeregt und mit aller zeit der welt, über alles nachzudenken.
cynthia einzig weiss von seinem geheimnis und kann damit leben, weil der avatar zumindest stofflicher natur ist und im grunde genommen wie richard, halt immer unpünktlich.

mit meinen methoden kann ich halbwegs meine familie erhalten und die anfallenden probleme kommunizieren. man kann nicht reich werden damit, aber durchaus gut leben.
und das ist schon mehr, als jammern.
aber vielleicht war meine ausstattung auch besser als angenommen.

wir besuchten das jfk museum auf einer halbinsel in einem flachen pott schönen blauen ruhigen meerwassers vom wilden atlantik abgetrennt, durch zahllose neuenglische inselchen, auf denen die ersten siedler landeten. es ist brütend heiss und wir hecheln vom eisschrank u-bahn zum eisigen bus, von da ins eisige museum, in dem wir uns stunden runterkühlen, bis wir alle unter erkältungssymptomen leiden. hier hat franzi ihre passion entdeckt. sie studiert alles so ernsthaft und nimmt es in sich auf. es wird ihr eine wichtige erinnerung sein, wenn sie einst selbst präsidenten der östlichen amerikanischen teilrepubliken sein wird, die mehr mit europa als mit dem rest der vereinigten staaten verbunden sein wird, auch dank ihrer politik. jutta ist ganz schnell fertig und pendelt zwischen backofen draussen und kühlkammer innen. das museum selbst ist eine liebevolle synthese zwischen 60er jahre kulisse, artefakten und information. handschriftliches und privatvideos lassen mich dem menschen annähern. es fehlen völlig die frauengeschichten, wo sind marilyn und ihr birthdaysong?
es fehlen völlig die spekulationen zur ermordung des präsidenten. da hat ein land seinen eigenen präsidenten abgeschlachtet? oder beim abschlachten zugesehen und keine aufklärung erzwungen?

als wir das museum verlassen, ist es Nachmittag, ohne dass es abgekühlt hätte. programmgemäß geht es zum prudential tower von park street an zu fuß durch den boston common, wo franzi´s flip aufgibt und ausgerechnet flop durchhält. ich flicke flip mit einigen runden iso-band siehe foto. jutta ist fasziniert von der hundekelle, einem gestielten werkzeug mit dem man den vollgeschlatzten hundeball aufnimmt und weit schleudern kann.
wir ziehen durch beacon hill mit seinen traumvillen, sehen ein plattgefahrenes eichhörnchen und dürfen beiwohnen, wie moses das meer teilt. franzi ist moses und der trägt eine xl sonnenbrille und sieht damit echt scharf aus. wehenden blonden haares, leicht den verletzten flip nachziehend, quert franzi die straße. und da kommt die wuchtige verkehrswoge zum stehen. in respektvollem abstand verharrt man, und erst als der engel die straße verlässt, kommt der motorisierte ozean wieder ins fließen.

der blick vom sky observatory, unsere letzte city pass-station ist atemberaubend. die hochhäuser des financial district und der charles river mit seinen zarten segelbötchen im goldenen licht der abendsonne, die das licht über den ganzen kontinent in den atlantik schwemmt. wir sind eine stunde oben. jutta quengelt. der aufzug stürzt die 50 stockwerke zurück dass die ohren knacken und wir ziehen zum ausgang durch die eisige mall. jutta quengelt stärker, franzi baut den gegenangriff auf: jetzt sind wir dran schuld, dass du nicht auf´s klo kommst oder so. ich halt mich raus und will eigentlich zum quincy market was gutes futtern. vorher bankomat und das ist nicht einfach. nach einem ganzen fragebogen unverständlichen finanzchinesich melken wir 500 dollar aus der maschine. jutta quengelt schon nicht mehr, droht aber mit sofortigem unterzuckertem kollaps. sie kauft eine emergency banane und irgendeinen riegel. wir denken, das reicht zum quincy market.
es reicht gar nicht. auf dem weg zur u-bahn, bleibt jutta auf einer treppe sitzen und lässt uns ausbremsen. sie sagt damit:
ich bestimme hier das tempo und ich will nicht mehr. stehen bleiben oder ich schieße.
diese aktion vereinigt uns zu einer gemeinschaft der willigen, die wiederum nur denkt: sie zickt und das gewaltig.
wir erreichen die u-bahn, die stimmung wesentlich tiefer als die station. die orange line lässt sich natürlich alle zeit der welt. jutta zickt gewaltigt und meint: sag jetzt ja nichts.
wir fragen uns, ob es sinn macht macht, unter diesen voraussetzungen essen zu gehen.
wir antworten: es geht nicht anders, weil wir sonst verhungern. das ist schlimmer als die beschissenste stimmung. als wir aussteigen rennt jutta einfach los. super zickig, denn eigentlich wollte franzi uns zu wendys führen.
die stimmung durchwandert mitllerweile minus-potenzen und beginnt dahinter bereits mit dem übergang in eine andere dimension, wo plus und minus keine rolle mehr spielen.
wir einigen uns gerade noch darauf, dass wir uns auf nichts gemeinsames einigen wollen und jeder zieht mit 20 dollar los, um seine wunden zu versorgen. (die löcher im verdauungstrakt)

unerklärlicherweise sitzen wir zusammen, kommunikation auf der minimalstufe und siehe da. die sonne geht auf über dem meer. energie beginnt zu fließen, gletscher beginnen erst leicht zu schwitzen, schließlich abzuschmelzen und grüne wiesen des glücks freizulegen, auf denen sich das nunmehr vom eise befreite leben wieder zu rühren beginnt. erste worte, kleine gesten, keine worte zum eben erlebten, aber austausch von getränken und immerhin zarte visuelle kontakte.
die red line, mit der wir zurückfahren, fährt nicht los. der grund: dramatical emergency. meinen die uns?

1 comment:

wernerhertel said...

thank you at first, sorry about my school english. but i survived boston with that.
and i´m a bloggreenhorn.
i´m interested to link
but let me a little bit time
i´m busy. because just back in job