Saturday, July 22, 2006

Boston-Tagebuch oder "Fragen an Richard" 7. juli 2006

7.7.

plan: laufschuhe kaufen, museum of fine arts, hard rock café


die sonne scheint und meine runde im park habe ich hinter mir. meine tochter ratzt noch und jutta sitzt allein beim frühstück und gibt sich ihre kaffee-infusion.

gestern wieder in downtown. wir lieben sie. sie ist unser wald, unsere höhle, hölle, wunderwelt. wir treiben uns auf dem quincy-market herum, essen da mit vielen anderen und sehen auch die einundandere strassenshow, kaufen den boston pass, der unsere nähere zukunft regeln wird. das aquarium ist ein glaspott mit fischen, die die ganze stadt boston erfunden haben, den tourismus entwickelt und auch den boston pass. in einer galerie lassen sie touristen an scheiben vorbeiwandern, um die spezies wissenschaftlich zu untersuchen. manchem blöder barracuda mag das auch lediglich als unterhaltung dienen.
beim rückzug streifen wir eine breakdance gruppe, die furios anfängt, sich dann aber beim geld absammeln verheddert. es ist ihnen zuwenig und sie lassen uns und ein paar kinder warten. hut drauf. dann lieber ins macy’s. jeder kriegt was, nur ich geh leer aus, weil meine interessen sich nicht decken mit dem geschmack von jutta. hut drauf.

manchmal spüre ich auch den big bang unter mir. diese explosive mischung aus freiheit des wollens und begrenzheit der mittel. alles geht gut, solange es allen halbwegs gut geht. aber die kritische masse ist gewaltig.

warum ist dieses land nicht indianerland?
sie haben es verloren gegen invasoren.
warum sind die europäer überhaupt ausgewandert? hast du dich nie gewundert?
es war ein überpotential von wissen, kraft, intelligenz, willen, sich neuen lebensraum zu erschaffen. die westliche kultur hat überschss produziert. trotz kriegen und anderen konflikten gab es mehr fähigkeit/quadratmeter als ein land verträgt.

eine andere theorie, warum sie alles kontrollieren wollen, überall gebote, verbote: schwimm nicht allein, tauch nicht, geh jetzt über die straße, fahr nur 30 meilen und all dies ist,
dass sie eine welt im zaum halten, die ihnen ja gar nicht gehört, die wild war, die schmutzig war, gefährlich und in der sie erst ein paar lächerliche generationen lang versuchen, eine ordnung reinzubringen, diesen europäischen standard, ein raster an kultur, der wie eine schicht über allem liegt.
wo europa bereits wieder naturnah zurückbaut, dem natürlichen chaos eine kleine tür öffnet, ist hier alles "under construction".

treffen uns mit richard um 11am am harv square. natürlich verspätet er sich, denn er verspätet sich immer, weil ihm die zeit einfach davon läuft. er ist slow, andere wahrnehmung der umwelt, anderes zeitgefühl, basta. so langsam synchronisiert er sich mit der geschwindigkeit des parks, die ja fast außerhalb unserer wahrnehmung liegt. seine silhouette hat breite, weil er ja untersetzt ist und dazu klamotten trägt, die das verstärken: breite shorts mit ausladenden backentaschen für gesammeltes,
und obendrauf diesen deckel, rund und flach, eben tom bombadil. schade, dass ich nicht elektronisch zeichnen kann.
richard und ich separieren uns und begeben uns zum schuhladen. richard möchte, dass ich meine side-show mitbringe, damit keine leerräume entstehen, in die dann diese gift eindringen könnte. er möchte am liebsten den gesamten ablauf planen, um troubles zu vermeiden (siehe amerikanische kontrollwut).

im schuhladen, schaut sich einer der boys meinen gang von vorn und hinten an, selbst in der hockstellung verharrend und meint anschließend, dass meine füße leicht auseinander streben und ich proponiere. ich bin verblüfft, weil dies alles bestätigt, was ich mir denke, und weil er das so treffend und schnell gesehen hat. noch dazu gibt er mir einen asics schuh, der fast wie meiner ausschuht , nein aussieht. richard wollte mir eigentlich seine nagelneuen nikes verpassen, die mit dem barfussfeeling, geiles zeug, wovon mir allerdings abgeraten wird, weil es kein laufschuh ist. ich vergleiche 3 paare und entscheide mich schließlich für ein japanisches pärchen, während richard rührend auf meinen rucksack, mein hemd und meine sandalen achtgibt. als am ende 5 einzelschuhe sich um meine füße tummeln, wird er nervös, weil da etwas nicht stimmen kann. er beginnt zu schreien und lässt sich nur von seiner indianischen großmutter, die eigens aus wyoming eingeflogen wurde durch ein kräuterbad beruhigen.
ich lasse meine kreditkarte 90 dollar hinlegen und wir verschwinden.
jutta ist ein bisschen böse, vielleicht weil wir männer spass hatten, oder weil wir eine ganze halbe stunde verspätet sind.
all dies ist vergessen, als wir im airconditioned au bon pain nobel aus plastikschüsseln tafeln.
zum mfa fahren wir mit red und erstmals green line. eine souveräne dame schleust uns über indien nach ägypten, griechenland, lässt monumentales einfach so vorbeifliegen, bleibt aber so im plan und kann die führung am selben tag beenden. in wunderschönem moderat beschleunigtem englisch erzählt sie uns, wie ganeesha zu seinem elefantenkopf kam, plaudert sie über die bemühungen der impressionisten mit ihrem outdoorgepinsel das licht einzufangen und dass irgendso ein amimaler immer 2 drittel himmel und ein drittel meer. meine franzi so alles andere als der museumstyp, die ich zuhause mit dem ansinnen, eine ausstellung anzusehen übel verstören kann, lauscht aufmerksam den ausführungen.
doch eben als unser guide uns ans herz gewachsen war, endet die führung. jutta hat das tempo nicht geschafft und ist zwischen irgendwelchen vasen gestrandet. wir treffen uns schließlich, um doch ein paar sachen noch mal zu sehen, oder ganze flügel des gebäudes zumindest einzusehen. eine fotoausttellung einer amerikanerin fasziniert mit riesenformaten. landschaften und menschen in idaho.

wir fahren ein paar stationen zum john hancock tower, um das hard rock café zu finden und kommen ins gespräch mit einem jungen russen, der überaus engagiert mit uns diskutiert. er scheint den derzeitigen präsidenten, bush oder so, gut zu finden, lästert über russland, lobt europa, ist aber auch kritisch gegenüber den usa eingestellt. er empört sich über die vielen alten, die mit bechern herumstehen und groschen sammeln müssen, um überleben zu können. währendessen vergoldet die abendsonne die mächtige glasfront vom langen hancock und wir ziehen um die ecke zum café. dort bedient uns corinne, was sie uns auch deutlich mitteilt, wir essen french fries, onion rings und gefüllte kartoffeln.

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